von Kamerad Tilman Findeisen

Vom 23. Juli bis 08. August 2021 fanden die XXXII. Olympischen Spiele in Tokio statt. Was hatte das mit meinem Urlaub auf Sizilien zu tun?

Anfang Juli verbrachte ich dort meinen Urlaub. Vor der Reise war ich schon gespannt, da der Ätna nach drei Jahren relativer Ruhe zwei Wochen vor Reiseantritt kurz wieder aktiv war. Wenn schon eine Reise nach Sizilien, dann hoffte ich, mit etwas Glück einen Ausbruch von Europas größtem Vulkan miterleben zu können. Unsere Reisebetreuerin sagte bei unserer Ankunft, dass am Vortag in der Nacht ein kurzer Feuerstoß stattfand und mit einem Ausbruch so alle 3 bis 4 Tage zu rechnen sei. Ich war gespannt. Bis zum Abend des Fußballspieles Italien gegen Spanien war alles ruhig. Nach dem Spiel, der Verlängerung und dem Elfmeterschießen in einem sizilianischen Restaurant, wo man die Begeisterung der Italiener für ihre Mannschaft miterleben konnte, war uns das Glück hold. Im Hotelzimmer angekommen, habe ich sofort auf den Balkon geschaut (Ätnablick), und in der Ferne konnte man eine rote Spitze am Ätna erkennen. „Bewaffnet“ mit Feldstecher und Teleobjektiv, haben wir das Naturschauspiel bis gegen 2 Uhr miterlebt. Ein so faszinierendes Wunder habe ich bis dahin noch nicht erlebt.

Am nächsten Tag war eine Fahrt nach Syrakus geplant, wohin es schon Johann Gottfried Seume („Perfer et obdura!“) im Jahr 1802 bei seinem „Spaziergang“ von Leipzig aus verschlagen hatte.

Nach einer kurzen Recherche am Vorabend, ob es auf Sizilien einen deutschen Soldatenfriedhof gibt, wurde mir die Kriegsgräberstätte Motta St. Anastasia bei Catania angezeigt. Mein Entschluss stand fest, diese Gedenkstätte zu besuchen und dafür einen kleinen Abstecher in Kauf zu nehmen.

Auf meinem „Spaziergang“ (Fahrt im Pkw) nach Syrakus wurde nun bei Catania die Ausfahrt genommen und der ca. 5 km entfernten Kriegsgräberstätte ein Besuch abgestattet. Am Parkeingang war das kleine Häuschen verschlossen, aber kurz darauf wurde ich von Herrn Vito Paolo Marullo, einem freundlichen italienischen Mitarbeiter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., herzlich begrüßt. Da ich mein bordeauxfarbenes Barett trug (zu diesem Zweck im Gepäck dabei), wurde ich von ihm gleich als Fallschirmjäger erkannt. Er bot mir an, die Gedenkstätte zu zeigen und ein wenig über die Geschichte dieser Kriegsgräberstätte zu erzählen.

Nach den verschiedenen Provinzen gewidmeten Höfen, die genau erklärt wurden, machte mich im Hof CATANIA – hier ruhen 1.514 im Zweiten Weltkrieg gefallene deutsche Soldaten – Herr Marullo auf einen Namen in der Mitte auf einer der vielen Grabplatten aufmerksam: „Luz Long“. Ich hatte noch nie etwas von diesem gefallenen Soldaten gehört. Er war kein Fallschirmjäger, aber vor dem Krieg Sportler. Europameister im Weitsprung. Nun erzählte mir mein Begleiter die Geschichte des Weitsprung-Wettkampfes bei den Olympischen Spielen von 1936 in Berlin, wo dieser Carl Ludwig „Luz“ Hermann Long zusammen mit seinem Gegner Jesse Owens den Kampf aufnahm und seinem Gegner noch Tipps für den letzten Sprung gab. Jesse Owens gewann die Goldmedaille und Luz Long wurde „nur“ Zweiter. Als Zeichen seiner Freundschaft zu Jesse verließen sie gemeinsam das Siegerpodest, und gingen untergehakt durch das Olympiastadion. Sie wurden Freunde „für immer“.

Nun war also der Sportler und spätere Obergefreite Luz Long hier in Catania begraben. Nach meiner Rückkehr zu Hause ließ mich die Geschichte des Weitsprung-Wettkampfes von 1936 nicht los, und ich recherchierte wieder im Internet, zumal ja im Jahr 2021 wieder olympische Spiele stattfanden. Zu meinem Erstaunen erfuhr ich, dass Luz Long 1913 in Leipzig geboren wurde, dort seine Kindheit und Jugend verbrachte, Jura studierte und auch seine sportliche Karriere begann. Warum bekommt man nur so wenig mit, obwohl Leipzig nur eine knappe Stunde von meinem Wohnort entfernt liegt und eine kleine Straße nach ihm benannt wurde? Selbst eingefleischte Leipziger Kollegen, die ich befragte, kannten den Namen nicht.

Zum Abschluss meines Besuches auf dem Soldatenfriedhof erfuhr ich noch, dass es seit dem Jahr 2005 eine Patenschaft zwischen der Kriegsgräberstätte Motta St. Anastasia und der Luftlande-/Lufttransportschule in Altenstadt gibt. Auf Grund der Corona-Beschränkungen für Bw-Angehörige dürfen jedoch derzeit (2021) keine Auslandsbesuche durchgeführt werden, aber für das Jahr 2022 ist ein Besuch auf Sizilien geplant, sagte mir auf Nachfrage der zuständige Presseoffizier, Oberleutnant Reinhold.

PS: Weitere Informationen zum Thema:

https://www.seume.de/spaziergang-nach-syrakus.html

https://kriegsgraeberstaetten.volksbund.de/friedhof/motta-stanastasia

https://de.wikipedia.org/wiki/Luz_Long

 

 
Ein besonderes Urlaubserlebnis auf Sizilien im Olympiajahr 2021