von Kamerad Tilman Findeisen (Text)

 

In den letzten Märztagen 2024 jährt sich die Übung „JUG-84“ zum 40. Mal. Anlass, um einen Rückblick zu wagen.

„JUG 84“, was war das eigentlich? „JUG 84 war eine gemeinsame Übung von Truppen der sowjetischen und polnischen Armee und der Nationalen Volksarmee vom 24.03. bis 31.03.1984. Das Thema der Übung lautete: »Überführung der Führungsorgane und Truppen in den Kriegszustand. Planung der 1. Armeeoperation«.“1)

Der Verlauf der Übung und Einschätzungen dazu können in dem Buch „Tarnname »Lötzinn 750«“ des damaligen Kommandeurs des FJB-40, Klaus-Dieter Krug, nachgelesen werden.

Es waren verschiedene Einheiten der NVA mit Teilnahme gebunden, „Das Fallschirmjägerbatallion-40 war […] offiziell kein Teilnehmer an dieser Übung. […] Es erwies sich, dass wir – mit Teilen des FJB-40 – keine operativen Aufgaben im Bestand der handelnden Armee zu erfüllen hatten, sondern lediglich als Darstellungstruppe für eine Luftlandung am Westufer der Elbe bei Kehnert dienen sollten.“2)

Zur Vorbereitung dieses „Einsatz“-Sprunges wurde am 22.03.1984 eine Probe mit den „Polen“ durchgeführt, auch mit einem Sprung. Der eigentliche Übungsgefechtssprung fand am 29.03.1984 statt. Geplant und durchgeführt wurden die Sprünge gleichzeitig aus drei in Kette versetzt fliegende AN-26T. Das wurde in der Geschichte des FJB-40 erstmals so durchgeführt.

Die Daten der Fallschirmsprünge sind in Abbildung 2 ersichtlich.

Beim Probesprung in das Gebiet zwischen Uetz und Kehnert am 22. März flogen die drei Maschinen ungefähr mit der Elbe, was bedeutet, mit der Front. Beim „richtigen“ Sprung während der Übung am 29. März erfolgte der Anflug mit den drei Maschinen dann aus Richtung Burg, quer zur Elbe. Die Schwierigkeit bestand darin, dass innerhalb von ca. 22 Sekunden jeweils 26 Fallschirmjäger mit Kampfweste und Waffe die Maschinen verlassen mussten. Die Windgeschwindigkeit betrug am Gefechtstag ca. 12 m/s. Das Bedeutete, dass das Landeverfahren II mit dem Schirm RS-9/2A angewendet werden sollte. In der Luft merkte man den starken Wind nicht. Nach dem Auftreffen auf dem Boden jedoch, nachdem der Schirm sich umgelegt und sich schnell mit Wind gefüllt hatte, war keine Zeit, um aus der Windrichtung auszulaufen. Man wurde unweigerlich über den „Acker“ gezogen. Die meisten Kameraden werden wie ich geflucht und den Kappenschnelltrennverschluss benutzt haben.

Während des Einsatzes/„Sprungbetriebes“ der 78 Fallschirmjäger kam es jedoch zu einem besonderen Vorkommnis. Der Unterfeldwebel Reinhardt Kühl, Gruppenführer im 2. Zug der 2. Kompanie, der mit einem gefüllten Tornister sprang, wurde nach der Landung durch den starken Wind in das sich am Rande des Landeplatzes gelegene Gewässer (ca. 600m östlich von Uetz) gezogen und ging unter. Durch das beherzte Eingreifen des damaligen Kommandeurs, Major Krug, mit Hilfe des StK FSD, Major F., wurde der leblose Körper geborgen und reanimiert. Der eintreffende Batallionsarzt übernahm die weitere Hilfeleistung. Trotz umfangreicher Behandlung in mehreren Krankenhäusern, medizinischen Akademien und speziellen Lungenkliniken, hatte sich der Gesundheitszustand des Kameraden Kühl weiter verschlechtert, so dass er drei Monate später verstarb. In den wenigen Minuten unter Wasser wurde die Lunge durch das Brackwasser des Tümpels doch sehr stark geschädigt.

Am 06. Juli 1984 wurde der postum zum Feldwebel beförderte Reinhardt Kühl auf dem Friedhof Friedrichsfelde Ost mit militärischen Ehren (Ehrenspalier, Salutschießen …) durch die Kameraden der 2. Kompanie des Fallschirmjägerbatallions-40 „Willi Sänger“ beigesetzt.

Zum 30jährigem Gedenken an diesen Unglücksfall fand zu Ehren des verstorbenen Kameraden Kühl und der Teilnehmer des FJB-40 an der Übung JUG-84 ein Gedächtnissprung an der Unglückstelle zwischen Uetz und Kehnert statt. https://www.youtube.com/watch?v=1llGc4K0RIg

Wir, Tilman Findeisen und Roland Lukaschek, im März 1984 Gefreite der 2. Kompanie des Fallschirmjägerbatallions-40 „Willi Sänger“ haben an dieser Übung teilgenommen und den gestellten Auftrag erfüllt.

Heute sind wir im Vorstand des Kameradenkreises FJB-40 „Carl von Clausewitz“ im BDF e. V. tätig. Wir werden immer an die Kommandostabsübung JUG-84 mit dem tragischen Tod des Kameraden Reinhardt Kühl denken und ihm die Ehre erweisen.

Glück ab!

 

Quellen:

1) K.-D. Krug: „Tarnname »Lötzinn 750«“ 1. Auflage, Okt. 2018, S. 140

2) ebenda:, S. 142

40 Jahre „JUG-84“ – Erinnerung